Kopfzeilen

Alltägliches, Historisches, Erzählenswertes ...!

Ausgezeichnet

Ausgezeichnet

kopf.arbeit gehört nicht zu den Agenturen, die so tun, als wären ihnen Auszeichnungen egal. Im Gegenteil: Wir freuen uns einerseits sehr darüber, verzichten andererseits aber auf rauschende Feiern mit Substanzen wie Schaumwein. Stattdessen sind wir, um es mit den Worten des Musik- und Sprachartisten Stefan Sterzinger auszudrücken, stoisch euphorisch.

Versetzten uns bereits mehrere Prämierungen von filmischen kopf.arbeit-Produktionen in stoische Euphorie, schwelgen wir darin nun aufgrund dreier Print-Auszeichnungen: In Deutschland haben wir beim Best of Content Marketing (BCM) eine Gold- und eine Silbermedaille um den Hals gehängt bekommen sowie den BoB Best of Business-to-Business Communication Award gewonnen. Quasi ein Heimspiel war die Verleihung des Caesar 2022 in Linz, der uns in der Printkategorie Corporate Publishing zuteilwurde.

Wir finden das ausgezeichnet. Weil es wieder einmal bestätigt, dass die Aufzeichnung und Vermittlung von Unternehmensgeschichte einen veritablen Mehrwert für das Marketing und die Kommunikation eines Unternehmens darstellt – wenn man es denn richtig anstellt.

Wiener Zeitung: Das Weltdokumentenerbstück

Wiener Zeitung
commons.wikimedia.org Amts_Blatt_23_Junius_1832

Wie es mit der im Eigentum der Republik stehenden Wiener Zeitung mit dem dazugehörigen Amtsblatt weitergehen soll: Das ist eine Frage, die sich noch jede der letzten Regierungen gestellt hat. Dieser Tage sieht es wieder einmal düster für das überparteiliche Qualitätsblatt aus, das allen redaktionellen Bemühungen zum Trotz nur mehr einige wenige Tausend Leserinnen und Leser hat – so wie in seinen Anfängen, als ein Jahresabonnement stolze 12 Gulden kostete, was etwa dem Zehntel eines mittleren Beamtenjahresgehalts entsprach.

Dabei hat die älteste Zeitung der Welt seit ihrer Gründung als „Wiennerisches Diarium“ am 8. August 1703 schon allerhand überstanden: politische Bevormundung und Zensur, Einstellung auf Raten in der NS-Zeit und den gefürchteten Kanzler Metternich, der das seit 1780 unter dem Namen Wiener Zeitung erscheinende Medium eliminieren wollte, um seinem eigenen „Oesterreichischen Beobachter“ ein Monopol zu verschaffen. Ihrem in der ersten Ausgabe gegebenen Versprechen, „die der Redaktion einlauffenden Begebenheiten ohne einigen Oratorischen und Poëtischen Schminck der blossen Wahrheit derer einkommenden Berichten gemäß ordentlich vorzustellen“, ist die Wiener Zeitung so treu geblieben, dass ihr Archiv seit 2016 auf Betreiben von Hugo Portisch und seinem Kollegen Heinz Nußbaumer zum Weltdokumentenerbe der UNESCO zählt.

Auch kopf.arbeit zählt beim Recherchieren regelmäßig auf die Wiener Zeitung mit ihrem seit 1729 erscheinenden Amtsblatt. Denn darin ist immer nachzulesen, was im Firmenbuch an Gründungen, Prokuraverleihungen und Umfirmierungen eingetragen worden ist. Halten wir diesbezüglich auch zuerst am Landesgericht in den alten Büchern und Urkundensammlungen Nachschau: Der Double Check in der Wiener Zeitung ist Pflicht.

Das 100-Millionen-Ei

Das 100-Millionen-Ei
© iStock.com/Cemile Bingol

„Bar oder mit Karte?“ ist eine Frage, die sich unseren Vorfahren 1922 beim Einkaufen noch nicht stellte, so gerne sie inmitten einer galoppierenden Hyperinflation von 1.733 Prozent wohl auch bargeldlos bezahlt hätten. Daher blieb den Menschen in Österreich nichts anderes übrig, in der auf die „Backhendlzeit“ vor dem Ersten Weltkrieg folgenden „Eisernen Zeit“ der exzessiven Preissteigerung und Geldentwertung – an die das älteste Gasthaus am Wiener Naschmarkt namentlich noch heute erinnert – mit Schubkarren voll wertlosem Geld einkaufen zu gehen. Und für ein Brot absurde Beträge locker zu machen – in der Gewissheit, dass es Stunden später schon wieder teurer sein würde.

Was spielte es da für eine Rolle, die nur mehr einseitig auf billigstes Papier gedruckten Kronen- Scheine als Einkaufszettel oder zum Anrauchen einer Zigarre zu verwenden? „Die Marktfrau, die ohne mit der Wimper zu zucken 100 Millionen für ein Ei verlangen kann, verliert völlig die Fähigkeit, noch von irgendetwas – und sei es noch so verrückt – überrascht zu sein“, beschrieb Thomas Mann die psychologischen Konsequenzen des ökonomischen Dramas, das Bezieher fixer Einkommen verarmen und Sparguthaben wertlos werden ließ.

In Linz mischten bis zu 18 offizielle und noch mehr unbefugte Banken und Geldanstalten beim irren Treiben mit; die meisten waren – so wie zwei der drei Linzer Sparkassen – bis 1924 wieder vom Finanzmarkt verschwunden. Da war die Inflationsspirale bereits gestoppt. Und zwar durch die Ankündigung einer Großanleihe des Völkerbundes, der Österreich dafür finanziell unter Kuratel stellte. So wie das bankrotte Griechenland 90 Jahre später.

Eine Nominierung, ein Delphin

Eine Nominierung, ein Delphin
Filmservice International, Stephan Huger

„Zuerst die Arbeit, dann die Preise“ könnte man in Abwandlung des sattsam bekannten Sprichwortes sagen, das Generationen von Kindern ganze Nachmittage verdorben hat. Als Erwachsener sieht man die Dinge naturgemäß anders und kann auch einer reichlich angejahrten Binsenweisheit eine Spur Wahrheitsgehalt abgewinnen.

So auch bei der kopf.arbeit-Produktion „Zwei in ihrem Element“, die wir gemeinsam mit Anatol Bogendorfer und seiner BOXA FILM für Plansee realisiert haben: Die ist beim internationalen Wirtschaftsfilmfestival von Cannes – den Cannes Corporate Media & TV Awards – mit einem Delphin ausgezeichnet worden. Von den über 900 Einreichungen schafften es 205 ins Finale. 144 dieser Arbeiten ist der Delphin bereits sicher. Bei der Preisverleihungszeremonie Ende November wird sich dann – leider bloß online – herausstellen, welche Arbeiten darüber hinaus einen der Hauptpreise gewonnen haben.

„Zwei in ihrem Element“ ist somit noch voll im Rennen. So auch beim österreichischen Staatspreis Wirtschaftsfilm, der den Plansee-Film auf die Shortlist 2021 gesetzt hat. Wir sind gespannt und freuen uns riesig über den Preis aus Cannes und die Wahl ins Finale in Wien: Für Bogendorfer und sein Team, für unseren Auftraggeber Plansee – und ein kleines bisschen auch für uns.

„Wir führen gerade eine Umfrage durch“

„Wir führen gerade eine Umfrage durch“

Meinungsumfragen sind, wie sich unlängst wieder gezeigt hat, ein durchaus kraftvolles Instrument im politischen Wettbewerb. Und das schon seit fast 200 Jahren: 1824 gibt das Lokalblatt von Harrisburg, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Pennsylvania, zum Ausgang der Präsidentschaftswahl eine Meinungsumfrage in Auftrag (die korrekterweise Andrew Jackson als stimmenstärksten Kandidaten prognostiziert).

Auch das nächste Großereignis in der Entwicklung der opinion polls steht im Zeichen des US-Präsidentschaftswahlkampfes. 1936 wettet der New Yorker Journalismus-Professor George Gallup, er könne den nächsten Präsidenten mit einer durchdachten Telefonumfrage präziser vorhersagen als die Zeitschrift Literary Digest, deren Leser sich millionenfach per Post an den Digest-Umfragen beteiligen. Gallup behält recht, weil er erkennt, dass diese zwar quantitativ beeindruckend, aber nicht repräsentativ sind. Indem er nicht nur das Wahlergebnis, sondern auch die Abweichung der Digest-Umfrage korrekt vorhersagt, versetzt Gallup der Zeitschrift den Todesstoß: Sie wird 1938 eingestellt.

Obwohl Gallup 1948 ein veritables Umfragedesaster in Sachen Präsident Truman erlebt, wird er zum Inspirator junger europäischer Sozialwissenschafter wie Elisabeth Noelle-Neumann. Sie gründet 1947 das einflussreiche Institut für Demoskopie Allensbach, das zum Fixbestandteil der bundesrepublikanischen Demokratie wird. Nicht zuletzt durch Noelle-Neumann kommt die Meinungsforschung also nach ausgestandenem Zweiten Weltkrieg rasch in den jungen Demokratien Österreichs und Deutschlands an – und verführt seither Parteien, Politiker und Medien dazu, auf Umfragen gestützt Quote und quotentaugliche Politik zu machen

Eine Geschichte der Dinge

Eine Geschichte der Dinge

Manche Dinge haben symbolische Kraft, manche eine Aura: Mit solchen Dingen und mit dem großartigen Szenografen Manuel Schilcher von unserem Partner argeMarie gestalten wir dieser Tage und Wochen zwei Foyers im Empfangsgebäude des Metallkonzerns Plansee im Tiroler Außerfern.

Während wir die Besucher des 1921 gegründeten Unternehmens im ersten Raum mit den Rohstoffen, Produkten und Herstellungsverfahren des Spezialisten für Wolfram und Molybdän vertraut machen, wickeln wir im zweiten den roten Faden der hundertjährigen Unternehmensgeschichte ab – um ihn an historisch neuralgischen Punkten aufzunehmen und davon in Verbindung mit so verschiedenen Stellvertreterobjekten wie einer Litfaßsäule, dem Scheinwerfer eines Ford Modell T oder einer Vinylsingle in goldenem Schallplatten-Cover zu erzählen.

Mehr dürfen wir noch nicht verraten. Eines aber steht fest: Der Besuch wird sich lohnen.

Sag mir, wo die Blumen sind

Sag mir, wo die Blumen sind
Pieter Breughel the Younger, Public domain, via Wikimedia Commons

Schillernde Spekulationsblasen wie aktuell jene rund um GameStop oder Bitcoin sind für Ökonomen so faszinierend wie Seifenblasen für ein Kind. Und ebenso vertraut: Die erste vollständig dokumentierte Bubble datiert auf den Zeitraum von 12. November 1636 bis 5. Februar 1637. Das Spekulationsobjekt waren Tulpenzwiebeln, die aus dem Osmanischen Reich nach Europa gelangt waren. Dem Boom ging über ein halbes Jahrhundert unaufgeregter Tulpenliebhaberei voraus: Reiche Bürger und Aristokraten schätzten und tauschten die exotische Pflanze, weil sie selten und dekorativ war.

Gegenstand spekulativen Finanzinteresses wurde der bunte Zwiebelblüher erst im „Goldenen“ Zeitalter der Kolonialisierung in den Niederlanden, als die Herren der Ostindien-Kompanie zum Global Player und zahlreiche Händler reich wurden. Ihr Geld legten sie unter anderem in Tulpenzwiebeln wie auch in Optionen darauf an, die zunehmend auf Börsen- und Wirtshausauktionen gehandelt wurden.

Zwischen 1623 und 1637 stieg der Stückpreis für besonders begehrte Zwiebeln von 1.000 auf 10.000 Gulden – den Preis eines Amsterdamer Grachtenhauses, mehr als das 66-fache des durchschnittlichen Jahreseinkommens. Am 3. Februar 1637 erreichte die Tulpenblase in Alkmaar ihre Maximalausdehnung, um zwei Tage später mit verheerenden volkswirtschaftlichen Folgen zu platzen, als bei einer Auktion in Haarlem erstmals nicht alle Tulpen zum gewünschten Preis verkauft wurden.

Galt das „Tulpenfieber“ lange als Musterbeispiel für irrationales ökonomisches Herdenverhalten, mehren sich in jüngerer Zeit andere Deutungen. Erkennen die einen psychologische Motive, wollen andere Ökonomen rein marktwirtschaftliche Mechanismen wirken sehen: Die Tulpenkäufer konnten seinerzeit aus hochriskanten Optionsdeals mit einer Pönale von nur 3,5 Prozent des Handelswertes vorzeitig aussteigen – was das Feuer der Risikobereitschaft gehörig angeheizt haben dürfte.

Begegnung im Zug

Begegnung im Zug

Dass es gar nicht so leicht ist, in kurzen Worten zu erklären, was der österreichische Weltkonzern Plansee genau macht: Damit spielt der charmante Kurzfilm, den wir gerade mit Regisseur Anatol Bogendorfer für den im Tiroler Außerfern beheimateten Refraktär- und Verbundmetallhersteller produzieren.

„Zwei in ihrem Element“ erzählt von der zunächst flüchtig anmutenden Begegnung einer Ingenieurin (gespielt von Caroline Frank) mit einem Musiker (dargestellt von Klemens Dellacher) in einem Zugabteil. Was sie beruflich machen, wollen die beiden einander aus unterschiedlichen Gründen nicht verraten – bis eine unerwartete Wiederbegegnung auf der Bühne eines Festsaals den doppelten Schleier des Geheimnisses lüftet. Mehr sei gar nicht verraten – außer dass die Geschichte von Plansee auszugsweise nebenher in Form eines Films im Film Platz findet. Die umfangreichen und Covid-19-konformen Dreharbeiten in den Tiroler Alpen, im Lokpark Ampflwang und in einem großen Festsaal mit Leinwand und 50 Komparsen sind bereits abgeschlossen.

Nun geht die Arbeit am Schnittplatz und in der Postproduktion weiter, womit für die Spielfilmpremiere im Plansee-Jubiläumsjahr 2021 alles nach Plan läuft.

Unser aller Wertpapier

Unser aller Wertpapier

China hat der Welt über Schießpulver, Buchdruck und Nudeln hinaus auch Corona gebracht. Und eine Erfindung, die im Zuge dieser Pandemie in den Mittelpunkt des Kaufinteresses gerückt ist: Das Klopapier, das 1391 erstmals für Kaiser Hong Wu in halbmetrigen Blättern hergestellt wurde. Parfümiert und so extraweich wie die Seide, zu der man im französischen Königshaus nach Geschäftsabschluss am Abort zu greifen beliebte.

In anderen Breiten und Milieus mussten hingegen Sand und Schnee, Blattwerk und Lumpen, Steine und Schwämme, Maiskolben und sogar das liebe Federvieh – lebend – zur Reinigung des Allerwertesten herhalten. Noch im Mittelalter war der „Arschwüsch“ aus Stroh das populärste Gesäßreinigungsmittel der Wahl. Papier kam erst danach in Gebrauch: Ausrangiertes Schreib- und Packpapier, später dann Zeitungen.

Der Welt erster Klopapierfabrikant war der Amerikaner Joseph Gayetty. 1857 ging er erstmals mit „medicated paper“ in Form von Einzelblattsammlungen in Schachteln auf den Markt, der heute allein in den USA 2,4 Jahresmilliarden Dollar schwer ist – auch weil Klopapier in den USA traditionell nicht gefaltet, sondern zu großzügigen Knäueln geknüllt wird. Weshalb der Pro-Popo-Verbrauch in den Staaten bei 25 kg per annum liegt, wohingegen man beispielsweise in Belgien mit 10 kg „closetpapier“ bzw. „papier cul“ auskommt. Zum Leidwesen europäischer Hersteller wie Hans Klenk, der 1928 Deutschlands erstes Klopapier auf Rollen in Umlauf brachte und warb: „Verlangen Sie eine Rolle Hakle, dann brauchen Sie nicht Toilettenpapier zu sagen.“

Türkische Schachzüge

Türkische Schachzüge

Kaiserin Maria Theresia staunt nicht schlecht, als ihr Hofsekretär Baron Wolfgang von Kempelen anno 1770 seine neueste Erfindung in ihren Salon rollen lässt: Eine auf Türkisch getrimmte Puppe an einem hüfthohen Kasten mit spielfertig bestücktem Schachbrett darauf. Graf Cobenzl ist der Erste, der gegen den „Schachtürken“ antreten darf. Allerdings erst, nachdem der begnadete Techniker und Impresario Kempelen die Gesellschaft mit einer trickreichen Demonstration irregeführt und glauben gemacht hat, dass sich im Gehäuse nichts weiter als eine komplizierte Mechanik verbirgt.

Tatsächlich sitzt darin – wie kein Geringerer als Edgar Allan Poe in einem klugen Essay später richtig schlussfolgern wird – sehr wohl ein Mensch, der den genial konstruierten Automaten von innen steuert und Cobenzl sowie später auch Napoleon und Friedrich den Großen den Kürzeren ziehen lässt. Denn Kempelen und erst recht der Nachbesitzer Johann Nepomuk Mälzer wissen meisterliche Spieler dafür zu gewinnen, unter dem Siegel der Verschwiegenheit in das Gehäuse und die Rolle des Schachtürken zu schlüpfen.

Das so entzückte wie um eine Erklärung verlegene Publikum sieht selbst ausgezeichnete Könner schachmatt gesetzt – in Österreich, Deutschland, Italien, England und ab 1826 auch in den USA, wo der Schachtürke später in den Besitz von Poes Hausarzt gelangt. Schließlich landet der inzwischen mehrfach kopierte Schachautomat in Peale's Museum in Philadelphia, mit dem er 1854 in Flammen aufgeht. Was vom Schachtürken bleibt, ist eine detailreiche Kopie im Computermuseum Heinz Nixdorf in Paderborn – und der ursprünglich ganz und gar nicht rassistisch punzierte Ausdruck „getürkt“.

Mit Schirmchen, Charme und Weihnachtsstern

Mit Schirmchen, Charme und Weihnachtsstern

Der Christbaum fungiert in zahllosen österreichischen Haushalten auch als Schirmständer für die 1950 noch unter der Bezeichnung „Schokoknirpse“ auf den Nachkriegsmarkt gekommenen „Schokoschirmchen“ des Wiener Schokoladeunternehmens Küfferle. Dieses hatten die Brüder August und Josef Küfferle mit einer ihrer Schwestern mit dem von ihrer Textilfabrikantenfamilie ererbten Kapital als „Wilhelmsdorfer Malzproduktion und Chokoladenfabrik Josef Küfferle & Co“ um 1865 in Wien gegründet.

Zunächst mit Malzbonbons, Pralinés, Pulverkakao und Schokoladen weit über die Grenzen der Monarchie hinaus erfolgreich, glückte Küfferle 1892 mit den hauchdünnen „Katzenzungen“ ein Coup, der das Unternehmen den Verlust seiner Auslandsniederlassungen auf dem Balkan nach dem Ersten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstehen ließ. 58 Jahre nach den Katzenzungen schuf Küfferle mit den „Schokoschirmchen“ eine zweite archetypische Austro-Süßigkeit, die sich zur Freude aller Eltern dank ihres Kunststoffstieles vernaschen ließ, ohne dabei die Kinderhände zu schokolieren.

Auf ihr Schirmgriffchen ist es wohl auch zurückzuführen, dass die Meidlinger Schoko am Stiel – heute übrigens zum Portfolio der Schweizer Chocolatiers Lindt & Sprüngli gehörend, aber nach Originalrezept immer noch unter anderem mit Butterschmalz hergestellt – zum essbaren Christbaumdekor Nummer eins wurde. Dies geschah im Zuge einer Entwicklung, die um 1830 mit den ersten Christbaumkugeln begonnen hatte, welche allegorisch an den von der sündenfälligen Eva im Paradies vom Baum der Erkenntnis gepflückten Apfel erinnern sollten, was letztlich in immer üppigeren und süßeren Baumschmuck mündete.

Dass sich die so weihnachtlich konnotierten Schirmchen aber auch off the season und überaus lasziv genießen lassen, führt Arnold Schwarzenegger in einem viral gewordenen austriakisch-amerikanischen Snack-Wars-Video im charmant-kulinarischen Combat mit Linda Hamilton vor Augen.

Die Hitze ist ein Hund

Die Hitze ist ein Hund
commons.wikimedia.org Bundesarchiv Bild 183-B0804-0003-002

Wer die Hitze am liebsten meidet, weil er (oder sie) unter ihr leidet, kann dem Volksglauben im mittelalterlichen Deutschland vermutlich etwas abgewinnen. Ihm zufolge sind die Hundstage zwischen 23. Juli und 23. August eine Unglückszeit. Daran glaubt heute in Zeiten des allseits gerühmten Sommerglücks zwar kaum noch wer, doch wenn die Temperaturen im Hochsommer astronomisches Niveau erreichen, ächzt auch der sonnenfreudigste Sommerenthusiast. Unberührt davon, dass die Hundstage eigentlich kein meteorologisches Ereignis sind.

Sondern ein bereits im antiken Rom und Ägypten bekanntes astronomisches Phänomen im Zeichen des Großen Hundes: Die Rückkehr des „Hundssterns“ Sirius in der Morgendämmerung des 23. Juli läutete seinerzeit die am 23. August abgeschlossene Sichtbarwerdung des Sternbildes Canis Major ein. Heute taucht Sirius ob einiger Verschiebungen übrigens erst am 30. August auf.

Kraft stabiler Hochdrucklage sind die Hundstage in unseren Breiten jedenfalls oft großes Kino. Nicht nur wettermäßig: Schon 1975 setzte der Streifen „Dog Day Afternoon“ über einen entgleisenden Banküberfall der Hitze ein filmisches Denkmal mit Al Pacino. 2001 leuchtete Ulrich Seidl dann in seinem epochalen Episodenfilm „Hundstage“ sonnengrell aus, wie die Hundstagehitze die nackte Gewalt der Normalbevölkerung im Speckgürtel von Wien ausbrütet.

Fünfzehn Sekunden für kopf.arbeit

Fünfzehn Sekunden für kopf.arbeit

Wiewohl die Hundstage noch fern waren, ging es Anfang Juni in Graz heiß her. Klimatisch und auf dem Fifteen Seconds Festival, das wir uns dieses Jahr erstmals zu Gemüte geführt haben. Aus Gründen der Abwechslung, denn das mit Vortragenden von Medien wie der Washington Post und der New York Times, Wissensperlenzuchtanstalten wie Harvard und dem MIT bzw. Unternehmen wie Nike, Twitter und Airbnb gespickte Programm des Festivals für Wirtschaft, Innovation und Kreativität bot geballte Inspiration – und reichlich Hintergrundwissen zu Themen, die auch viele unserer Kunden umtreiben. Wir sagen nur: Digitalisierung.

Mit der befasst sich – nolens volens – auch Sonnentor-Gründer Johannes Gutmann, der mit einer launigen Präsentation dafür sorgte, dass unsere Fifteen Seconds nicht gänzlich vom Unternehmensgeschichtsunterricht befreit waren.

Alle Zeit der Welt

Alle Zeit der Welt
commons wikimedia.org Bundesarchiv Bild 102-09292

Wer 0810 001503 wählt, wird vermutlich bass erstaunt sein, unter dieser Telefonnummer die bereits ausgestorben gewähnte Zeitansage aus dem digitalisierten Mund von Ö3- und FM4-Veteranin Angelika Lang frei Ohr geliefert zu bekommen – im Zeitalter der Disruption im Allgemeinen und der servergesteuerten Uhrzeitfunktion eines jeden Smartphones im Speziellen wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Die buchstäbliche Unmenschlichkeit dieser automatischen Antwort auf die Frage nach der Zeit ist indes keine Entwicklung jüngeren Datums, sondern der Zeitansage seit ihrer Einführung am Standort Sternwarte Hamburg am 1. August 1909 eigen: Das „telephonische Zeitsignal“ im Hamburger Ortsnetz beschränkte sich auf zwei unterschiedliche Signaltöne zur vollen und zu jeder fünften Minute.

Menschlicher ging es unter der Hamburger Nummer 44441 und in Berlin zu, wo die manuell gesprächsvermittelnden „Telefonfräuleins“ auf Wunsch die Uhrzeit von einer exakten Wanduhr ablasen, was in Hamburg mit zehn Pfennig auf der Telefonrechnung zu Buche schlug und die 44441 wohl zu einem der frühesten Mehrwertdienste machte. Nicht von ungefähr kam die Bezeichnung „Telefonfräulein“, denn die Damen in der Gesprächsvermittlung hatten per Dienstvorschrift unverheiratet zu sein. Dieser skurrile Umstand trug der ersten mechanischen Telefonzeitansage, die 1935 wiederum in Berlin dank einer technischen Lösung von Siemens & Halske in Betrieb ging, den Spitznamen „Eiserne Jungfrau“ ein.

In Österreich ließ die telefonische Zeitansage auf sich warten. Erst 1947 leistete sich Linz eine solche, auf die auch die anderen Landeshauptstädte zurückgreifen. Mit Ausnahme von Wien, wo es unter der Nummer A03 einen eigenen Zeitauskunftdienst gab. Daraus ging 1974 die Zeitansage unter 1503 mit dem legendären „Es wird mit dem Summerton …“ aus dem Mund von Sprecherin Renate Fuczik hervor.

Privatsphäre und Datendrang

Privatsphäre und Datendrang

Mit einer neuen Grundverordnung der Europäischen Union erfährt der seit der Antike in verschiedensten Formen gepflogene Datenschutz am 25. Mai 2018 ein längst fälliges Update. Längst fällig insofern, als sich das in der Datenschutzverordnung neu geregelte Erzeugen, Verknüpfen, Auswerten und Sammeln von Daten in noch nie dagewesener Quantität und Qualität zur Goldgrube von Unternehmern, Geheimdienern und Militärs entwickelt hat. Während es auf der einen Seite um Kapital und Kontrolle geht, geht es auf der anderen um informationelle Selbstbestimmung sowie das Menschenrecht auf Privatsphäre.

Österreich darf für sich in Anspruch nehmen, schon im frühen Informationszeitalter versucht zu haben, diese zu schützen – mit dem 1980 in Kraft getretenen Datenschutzgesetz von 1978, das sich seinerseits an der weltweit ersten einschlägigen Regelung im deutschen Bundesland Hessen anno 1970 orientiert hat.

Weitere legistische Anhaltspunkte waren das ebenfalls 1970 erlassene französische Gesetz zur Garantie der bürgerlichen Rechte und der Privacy Act für das Datensammeln der USamerikanischen Bundesbehörden von 1974, der sich auf das bereits 1890 von Samuel D. Warren und Louis D. Brandeis erfolglos im US-Kongress propagierte „Right to Privacy“ bezog.

7. Tag der Unternehmensgeschichte

7. Tag der Unternehmensgeschichte

Der jährliche Tag der Unternehmensgeschichte hat einen Fix- und Ehrenplatz im kopf.arbeit- Kalender. Heuer war er für den 10. April eingetragen, an dem wir am Schauplatz Steiermärkisches Landesarchiv in Graz nicht nur im Auditorium saßen, sondern auch auf der Bühne standen. Gemeinsam mit unserem Gastgeber und Geschäftspartner Martin Stürzlinger von Archiversum, mit dem wir seit Monaten das umfangreiche Archiv von Kwizda auf Vordermann bringen.

Diesem Projekt war denn auch unsere gemeinsame Präsentation gewidmet, in der wir unter anderem davon berichteten, wie wir den Inhalt von rund 180, über Jahrzehnte feucht gelagerten Bananenschachteln sortieren, inhaltlich strukturieren und nach allen Regeln der Archivarskunst ohne Heftklammern und Klarsichtfolien adäquat in Archivboxen umlagern.

25 Jahre :-)

25 Jahre :-)

Dass ihnen scherzhaft Gemeintes und ironisch Gefärbtes auf dem Weg vom Sender zum Empfänger so leicht abhandenkommen, ist eine der größten Schwächen schriftlicher Mitteilungen. Ein Problem, dessen sich Informatikprofessor Scott E. Fahlman von der Carnegie Mellon Universität Pittsburgh wohlbewusst ist – und das ihn nach einer entsprechenden Kommunikationspanne unter Informatikern am 19. September 1982 veranlasst, seinen Kollegen eine Lösung nahezulegen: „Ich schlage vor, Scherze mit der Tastenkombination :-) zu kennzeichnen. Lest es seitlich.“

Ohne es zu ahnen, schafft Fahlman mit dem behelfsmäßig für Keyboard transponierten Smiley das erste Emoji der digitalen Schriftkommunikation, dem im Lauf der Jahre 2.622 weitere, offiziell in die Computer-Weltsprache aufgenommene Gefühlszeichen folgen. Fahlmans Volltreffer ist die typografische Variante des Smileys, den der Designer Harvey Ball für das bescheidene Honorar von 45 Dollar in den 1960er Jahren im Auftrag der Versicherungsgesellschaft State Mutual Life Assurance Cos. of America geschaffen hat, die ihre verdrossenen Mitarbeiter mit einem animierenden Ansteckbutton zum Lächeln on the job anhalten wollte.

Als rudimentäre Visualisierung eines gefühlsbewegten Antlitzes ist die Kombination von Doppelpunkt, Bindestrich und Klammer allerdings nicht ganz neu: Schon 1881 findet sich im Satiremagazin Puck eine Reihe von Emoji-Vorläufern. Deren Nachfolger genießen inzwischen globale Verbreitung. Allein auf Facebook werden täglich rund fünf Milliarden Emojis gepostet.

200 Jahre Fahrrad: Urknall auf der Schwetzinger Chaussee

200 Jahre Fahrrad
„2 Räder – 200 Jahre“, Ausstellung des TECHNOSEUM in Mannheim

Historikern gilt Karl von Drais‘ Jungfernfahrt auf seinem selbst konstruierten Laufrad als Geburtsstunde, ja Urknall des modernen Individualverkehrs. Wie es sich für einen Urknall ziemt, war die einstündige Ausfahrt von Mannheim nach Schwetzingen auf Badens bester Chaussee ein Elementarereignis.

Eine Sensation war neben Drais‘ kühner Konstruktion auch die Rekordgeschwindigkeit von 13 km/h, mit welcher der badische Beamte die Postkutsche um ein Vierfaches übertrumpfte. Wie es heute scheint, war dem in mehrfacher Hinsicht revolutionären Erfinder – der als eingefleischter Demokrat freiwillig auf seinen Freiherrentitel verzichtete und u. a. den Klavierrekorder und die Tastenschreibmaschine ersann – jedoch nicht die Beschleunigung wichtig, sondern eine Transportalternative zum Pferd: Infolge vulkanausbruchsbedingter Finsternis und napoleonischer Kriege war der Pferdetreibstoff Hafer knapp und teuer geworden, viele Zugtiere verhungerten.

Eine feine Ironie der Historie ist es, dass das heute urdemokratische Fahrrad in seiner Frühzeit aufgrund hoher Herstellungskosten fast ausschließlich als Statussymbol von jenen Adeligen gebraucht wurde, die Drais so schmähte wie umgekehrt seine Standeskollegen ihn politisch ächteten. Es sollte bis etwa 1890 dauern, bis das Fahrrad in seiner noch heute archetypischen Form mit Pedalantrieb (ab 1867), Kette (seit 1937 mit Schaltung) und Gummireifen fertig entwickelt war. Mit dem Pedalantrieb war Drais übrigens schon vertraut, doch an ein Vorwärtskommen ohne bodenverhaftete Füße wagte er wohl damals nicht zu denken.

Der Rest ist auch Sozialgeschichte: Erschwingliche Mobilität für alle Klassen und ein elementares Stück Frauenbefreiung, von dem die Feministin Rosa Mayreder bereits 1905 schrieb, das Fahrrad habe zur Emanzipation „… mehr beigetragen als alle Bestrebungen der Frauenbewegung zusammen“.

kopf.arbeit: Immer spannend

kopf.arbeit: Immer spannend

Was macht das Leben spannend? In bester Gesellschaft mit Denkern aller Größen meinen wir: Es sind die Gegensätze, die für jene Dynamik sorgen, die wir so schätzen. Auch und insbesondere im Arbeitsalltag von kopf.arbeit. Dort sind es just besagte Gegensätze, die uns Wirtschaftshistorikern einen Arbeitsalltag bescheren, in dem „alltäglich“ kein Synonym für „langweilig“ ist. Sondern für „spannend“.

Spannung steht am Beginn jeder Recherche. Jedes Mal zeigt sich aufs Neue, dass sich Unternehmensgeschichten vielleicht gleichen mögen, aber nie gleich sind. Spannung entsteht im Magnetfeld der zahlreichen Gegensatzpaare, zwischen denen wir uns bewegen: Zwischen Handwerksfamilienbetrieb und Weltkonzern, zwischen Waldviertler Dorf und Weltstadt à la Singapur, zwischen Fließbandarbeiter und CEO. Damit nicht genug, lassen wir auch die Ergebnisse der Feldarbeit in Gegensätzliches fließen: Die Firmengeschichte einmal als traditionelle Festschrift und ein andermal als Roman, als informatives History Video oder als unterhaltsamer Spielfilm, aufbewahrt in Archivschränken oder in Erlebniswelten zur Schau gestellt.

Quadratisch. Praktisch. Gut.

Quadratisch. Praktisch. Gut.

In Krisenzeiten greifen Gestalter gerne zum Quadrat, weil es werbepsychologisch als Symbol für Stabilität und Sicherheit gilt. Womöglich ist es also kein Zufall, dass Clara Ritter ihrem Gatten Alfred Eugen ausgerechnet im turbulenten Jahr 1932 vorschlägt, die Kakaomasse in ihrer seit 20 Jahren bestehenden Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik nahe Stuttgart in ein gleichseitiges Rechteck zu gießen: „Machen wir doch eine Schokolade, die in jede Sportjacketttasche passt, ohne dass sie bricht, und das gleiche Gewicht hat wie die normale Langtafel“, soll sie gesagt haben. Mit dem angesprochenen Jackett wird zugleich der Produktname kreiert, der zunächst unter Weglassung des Familiennamens in ritterlicher Bescheidenheit nur „Sport-Schokolade“ lautet.

Bis 1960, als Sohn Alfred Otto den Familiennamen prominent auf der nunmehr schokobraunen Zellophanverpackung platziert. Als 1970 Joghurt in deutscher Schokolade und Schokowerbung im deutschen Fernsehen debütiert, hat beide Male Ritter Sport die Nase vorn. Die dazu getextete adjektivische Werbeformel „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ geht dauerhaft ins deutsche Alltagsvokabular ein.

Der Doppelreim vom „Trick mit dem Knick“ und „der Masche mit der Tasche“, mit dem Ritter 1976 den neuartigen Knick-Pack einführt, ist hingegen nur mehr reiferen Konsumentengenerationen vertraut. Anders das 1974 etablierte und bis heute gültige Designkonzept mit einer Farbe je Sorte. Ob dafür das legendäre „Schwarze Quadrat“ des russischen Malers Kasimir Malewitsch von 1915 Pate gestanden hat?

Kunstsinn beweist jedenfalls Gründerenkelin Marli Hoppe-Ritter. Sie huldigt ihrer wohl familien- und unternehmensgeschichtlich fundierten Passion für das Quadrat als Sammlerin von Kunstwerken in eben dieser Form. Seit 2005 ist ihre Kunstkollektion im Museum Ritter – selbstverständlich mit quadratischem Grundriss – auf dem Firmengelände in Waldenbuch öffentlich zugänglich. Einen Malewitsch sucht man dort vergeblich, Schokolade im und zum Quadrat gibt es jedoch gleich nebenan im Ritter Sport Schoko‑Laden.

Der unternehmenslustige WOLF

Der unternehmenslustige WOLF

Wie ein Märchen liest sich die von uns aus Anlass des 50. Firmengeburtstags in Buchform gefasste Geschichte von WOLF im oberösterreichischen Almtal.

Sie beginnt 1966 auf dem Dickermanngut in Scharnstein, wo der findige Landwirt Johann Wolf die Silobautechnik systematisch zu verbessern beginnt. Aus fortgesetzter Tüftelei entsteht ein Unternehmen, das mit seinen zwei großen Marken – WOLF Haus und WOLF System – und 2.700 Mitarbeitern in 25 Niederlassungen europaweit vertreten ist. Dieses verfügt über ein Portfolio vom preisgekrönten Fertighaus über Ställe und Behälter bis zur Industriehalle. 

Das zeugt von Unternehmergeist! Folgerichtig haben wir die WOLF-Geschichte in einem Kurzfilm (Regie: Anatol Bogendorfer) noch ein zweites Mal als Märchen vom Unternehmergeist erzählt. Aus dem Mund des Grünauer Märchenerzählers Helmut Wittmann, der sie im Film zwei Kindern bei einer Waldwanderung zum Besten gibt.

Beste Figur vor der Kamera haben dabei neben Wittmann auch die achtjährigen Darsteller Emma Leeb und Elija Lichtkoppler gemacht – an zwei herrlichen Septemberdrehtagen auf der großen Wiese und den Waldwegen rund um die Almtaler Waldschule in Scharnstein.

Wasser, Hopfen und Malz: 500 Jahre Reinheitsgebot

Wasser, Hopfen und Malz: 500 Jahre Reinheitsgebot
© bpk

Allerorts ist Oktoberfest, auch wenn die Ahnherrin und Kopiervorlage auf der Wies‘n zu München ihre Bierzelte für heuer schon am 3. 10. wieder abgebrochen hat. Was das Original von vielen Klonen unterscheidet, ist das an der Isar ausgeschenkte Bier. Das ist so selbstverständlich nach deutschem – bzw. genauer: ursprünglich bayerischem – Reinheitsgebot gebraut wie die Oktoberfesteröffnungsformel nach dem Fassanschlagen „O‘zapft is!“ lautet.

Das höchste Gebot der Bayern hat am Georgitag im April dieses Jahres als der Welt ältestes Lebensmittelgesetz die imposante Geltungsdauer eines halben Jahrtausends erreicht. Als die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. 1516 in Ingolstadt verfügten, „dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gerste, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen“, war es ihnen um dreierlei getan.

Zum einen um ein renaissancezeitliches Drogenproblem, zu dessen Entschärfung die Bevölkerung vor halluzinogenen Bierbeigaben wie Bilsenkraut und Schlafmohn geschützt werden sollte. Zum anderen sollten Getreide wie Weizen und Roggen den Bäckereien vorbehalten bleiben, um Hungersnöten vorzubeugen. Zum dritten schließlich schuf sich der listige Regent Wilhelm damit selbst ein Monopol aufs Weißbierbrauen mit Weizen.

Eine einzige Anpassung erfuhr das Reinheitsgebot noch, als das Brauen mit Gerstenmalz und Hefe statthaft wurde. Dem bayerischen Brauwesen bekam das Reinheitsgebot so prächtig, dass seine wohlschmeckenden Biere auch ohne behördliche Unterstützung weit über Bayerns Grenzen hinaus populär wurden. So populär, dass es seit 1906 per Gesetz nunmehr als „deutsches Reinheitsgebot“ in ganz Deutschland gilt und nicht mehr allein in Bayern.

Auch Filmemachen ist kopf.arbeit

Auch Filmemachen ist kopf.arbeit

Wo sich alles um Unternehmensgeschichte(n) dreht, gibt es manchmal auch einen Film zu drehen. So wie neulich, als wir wieder einmal zwei Tage in den EOS-Studios zugebracht haben, um für die Darstellung der Firmenhistorie eines langjährigen Kunden (mehr dazu in Bälde!) Filmsequenzen in den Kasten bzw. auf die Speicherkarte zu bringen.

In diesem Fall einmal nicht für ein dokumentarisches Lichtspiel bei der Jubiläumsgala, sondern für ein Multimediaformat mit einem menschlichen Erzähler, das wir mit unseren audiovisuellen und -visionären Partnern kest, argeMarie und FORAFILM entwickelt haben. In die Rolle des Erzählers schlüpfte Peter Pertusini vom Schauspielensemble des Linzer Landestheaters. Dabei ging es an den frühsommerlichen Studiotagen der verdunkelungsbedingten Absenz der Sonne zum Trotz heiß her. Insbesondere, als Pertusini im dicken Schutzanzug die vom Drehbuch vorgesehene Laufszene so oft wiederholen musste, bis sie zur Zufriedenheit unseres Regiegremiums ausgefallen war. Filmen ist eben harte Arbeit. Selbst mit kopf.arbeit.

Reklamekönig Litfaß

Reklamekönig Litfaß

Citylights hin, Mediawalls her: Immer noch gehört die Litfaßsäule zum Mobiliar jeder kultivierten Stadt im deutschen Sprachraum. Die erste dieser werbetragenden Rundsäulen lässt der vor 200 Jahren geborene Verleger und Geschäftsmann Ernst Litfaß im April 1855 in Berlin aufstellen. Die Inspiration dazu hat sich der mondäne und kunstsinnige Druckereibesitzer in London und Paris geholt.

Es ist der Geburtsmoment der Außenwerbung in Deutschland. Litfaß feiert ihn mit einer Gala, bei der die „Annoncier-Polka“ – eine Auftragskomposition – erklingt. In der Nacht zuvor hat der ehemalige Theatermann und Schauspieler einen 400 Mann starken Tagelöhnertrupp in ganz Berlin alle wild geklebten Plakate entfernen lassen. Mit dem Versprechen, das Plakatieren in geordnete Bahnen zu lenken und 30 öffentliche Pissoirs in der sanitär unterversorgten Metropole zu bauen, hat sich Litfaß das Plakatiermonopol für Berlin gesichert.

Dem gewieften Opportunisten geht es dabei um das Geschäft, der Obrigkeit hingegen um die lang ersehnte Möglichkeit, die Informationen im öffentlichen Raum zu kontrollieren.

Die Berliner lieben ihren „Säulenheiligen“ trotz seines ungenierten Opportunismus. Denn der „König der Reklame“ versteht es, die Plakatwerbung in ein attraktives Umfeld einzubetten. Die Litfaßsäulen fungieren als öffentliche Boulevardzeitungen, die im Hinblick auf die vielen Analphabeten reich illustriert sind.

Den Zerfall seines Werbeimperiums muss Litfaß nicht mehr miterleben. Erst seine glücklosen Nachfolger verlieren die Plakatkonzession an einen höher bietenden Mitbewerber.

Wilder Westen in Wien

Wilder Westen in Wien

Das Nachkriegsjahrzehnt der Besatzung war zum Wohlgefallen von Historikern wie uns Gegenstand so mancher Doku, Ausstellung und Diskussion 2015. Vieles kam zur Sprache, doch ein kulinarisches Stück Alltagskultur ging in der Regel unter: Popcorn, Chips und Erdnüsse der Marke Kelly‘s, die heuer ihren 60. Geburtstag feierte. Eine Marke, in der sich American Way of Life und österreichische Wirtschaftsgeschichte die Hand geben. Essbarer Austropop, könnte man da auch sagen.

Als die US-Truppen 1955 abzogen, taten sie dies ohne Major Howard Morse Kelly. Der verlängerte seinen Österreichaufenthalt und gründete mit Herbert Rast die „First American Popcorn Company“. Ihr erstes Popcorn stellten sie in einer Gemeindebauwohnung im 16. Bezirk von Wien her und heuerten für den Vertrieb zunächst Damen aus dem Rotlichtmilieu an, die es im Bauchladen vor Kinos feilboten.

Einer ersten Hygieneüberprüfung hielt das junge Unternehmen stand, weil Langzeitgeschäftsführer Rast den Kontrolleur „eintrankelte“. Der wachsenden Konkurrenz begegnete er, indem er ihr eigenhändig die Lieferwagenreifen aufschlitzte und 1965 den Süßwarenriesen Bahlsen als Geschäftspartner ins Boot holte. Major Kelly ließ sich auszahlen und verspielte das Vermögen an der Börse.

Seit 2008 gehört das Unternehmen zur Intersnack-Gruppe und setzt seinen transatlantischen Spagat erfolgreich fort. Denn gibt sich Kelly‘s ungebrochen amerikanisch, ist die österreichische Herkunft der über 30.000 Tonnen jährlich frittierten Chipskartoffeln von 180 heimischen Vertragsbauern sogar vom TÜV zertifiziert. Unter der Regie von Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky verwendet sich Fußballlegende Herbert Prohaska („Ich sag‘ einmal so“) seit 2013 als Testimonial für Kelly‘s.

Und obwohl wir Ihnen von Big Chips erzählen, präsentieren wir Peanuts. Never mind, take it easy!

"Gummi für Lumi"

Gummi für Lumi
@ www.nokiantyres.com

„Lumi“ lautet die finnische Bezeichnung für Schnee. Womit bereits gesagt ist, wo der Winterreifen zu rollen begann. 1934 brachte die Suomen Gummitehdas Osakeyhtiö einen LKW-Reifen auf die damals noch wenig befahrenen Straßen. Mit 19 cm war die Reifenbreite des „Kelirengas“ recht bescheiden, was seinen Erfolg indes nicht schmälerte: Das kräftige Profil bewährte sich auf den ungeräumten Pisten.

Schon 1936 folgte das Wintermodell „Hakkapeliitta“ für den PKW mit Saugnäpfchen auf der Verschleißfläche, zeitgleich mit dem ersten Winterpneu „Goliath“ von Semperit. 1946 ließ sich Michelin den Radialreifen patentieren, und ab Anfang der 1950er Jahre drehten sich die ersten Reifen mit der Kennung M+S (Matsch und Schnee) auf den zunehmend glatten Winterfahrbahnen. Zunehmend glatt, weil die systematische Schneeräumung Einzug hielt.

Die Lösung für das Fahren auf schneeglatter Fahrbahn kam einmal mehr aus Finnland und entsprang der technischen Fantasie des Gummiflickers Veikko Ryhönen. Er ersann den Spikereifen, der ab 1963 bei der Rallye Monte Carlo für Furore und Podestplätze sorgte. In Vergessenheit geriet jedoch eine Innovation von Pirelli: ein 1959 präsentierter Reifen mit wechselbarem Profil für Sommer und Winter. Hätte er sich durchgesetzt, sähe der saisonale Reifenwechsel heute anders aus.

kopf.arbeit ist Schwerarbeit

kopf.arbeit ist Schwerarbeit

Nicht, dass wir uns beim ohnehin noch fernen Pensionsantritt dereinst einmal auf die Hacklerregelung berufen werden – aber kopf.arbeit ist mitunter auch Schwerarbeit. Eine, die einen langen Atem verlangt. Vor allem beim Recherchieren. Da muss man wissen, wo und wie man überhaupt suchen kann. Und man muss auch eine gehörige Portion Frustrationstoleranz mitbringen. 

Je weiter der Recherchezeitraum zurückliegt, desto schwerer (im Sinne von gewichtig) wird es. Die Register- und Grundbücher von anno dazumal sind in der Regel voluminös und bringen ein stattliches Gewicht auf die Waage. Vertiefen wir uns darin, sind Staub, Schimmel und zerfallendes Papier unsere treuen Begleiter.

Schwer (im Sinne von schwierig) ist es häufig, 100 oder 200 Jahre alte Handschriften zu entziffern. Eine schöne Kurrentschrift zu lesen, ist für uns ein Leichtes. Doch weil auch seinerzeit nicht alle Menschen Kalligrafen waren, erfordert die buchstabengetreue Transkription alter Dokumente für unsere Kunden manchmal viel Zeit. Doch was ist all das schon gegen die Freude, eine druckfrische Festschrift in den Händen zu halten. Einen History-Film bei der Jubiläumsgala zu sehen. Oder die nagelneue Timeline im Firmengebäude unserer Kunden zu bewundern …

Weltmarktführertreffen im Büro kopf.arbeit

Weltmarktführertreffen im Büro kopf.arbeit

„Von den Besten lernen“, so lautete das Motto des ersten österreichischen Weltmarktführerkongresses. Ein Gutteil unserer Arbeit im Büro kopf.arbeit besteht in der Suche nach jenen Faktoren, die Weltmarktführer so erfolgreich machen.

Dabei lernen wir immer wieder neue Möglichkeiten kennen, klug mit Veränderungen umzugehen und die richtige Entscheidung in schwierigen Situationen zu treffen. Mittlerweile würden wir uns ganz gut darauf verstehen, zu diesen Fragen selbst einen Weltmarktführerkongress en miniature auszurichten.

Denn viele unserer Kunden sind ja Weltmarktführer: Plansee bei pulvermetallurgisch hergestellten Hochleistungswerkstoffen, die Greiner- Tochter Greiner Tool.Tec bei der Hardware für die Profilextrusion von Fenstern und Rosenbauer im Bau von Spezialfahrzeugen für den Brandund Katastrophenschutz. Die Kapsch Carrier- Com hat die Nase bei digitaler Funktechnologie für Eisenbahnen vorne, die Braun Maschinenfabrik bei Stahltrenn- und Schleifmaschinen. Global führend sind auch die Betonschutzwände von Delta Bloc aus der Kirchdorfer Gruppe sowie die Wärmebehandlungsanlagen unseres jüngsten Kunden Ebner Industrieofenbau.

Eineinhalb Jahrhunderte Sommerfrische

Eineinhalb Jahrhunderte Sommerfrische

Naht der Sommer, bemühen österreichische Touristiker vom Salzkammergut über das Kamptal und die Rax bis zum Semmering ebenso geschichtsbeflissen wie geschäftsbewusst die gute alte Sommerfrische. Nichts suggeriert hierzulande derart verführerisch Entschleunigung und Muße, und wohl nichts kommt einer österreichischen Version des savoir-vivre so nahe.

Lexikalisch bezeichnet der Terminus Sommerfrische (zum Beispiel im Wörterbuch der Gebrüder Grimm) die jahreszeitliche Übersiedlung der Städter aufs Land.

Österreichs führender Sommerfrischler ist Kaiser Franz Joseph I., der Bad Ischl 1853 zur Sommerresidenz kürt und damit einen bis ins 20. Jahrhundert anhaltenden Boom auslöst. Um auch sommers in der Nähe des Kaisers zu sein, folgen zahlreiche Mitglieder der „besseren“ Wiener Gesellschaft dem Monarchen ins Salzkammergut.

Wandern und Baden werden, wie man heute sagen würde, zum Trendsport. Kur- und Badeanstalten entstehen, desgleichen Hotels, Cafés und Ausflugslokale. Das Entertainment bringen die Städter in Gestalt von Salonkonzerten und Sommertheater selber mit – und das nicht nur ins Salzkammergut.

Mit dem Ersten Weltkrieg ist es mit der altösterreichischen Sommerfrische vorbei. Die „Kraft durch Freude“-Gruppenreisen treiben die Gästezahlen in der NS-Zeit zwar in neue Höhen, doch die Ära der über Wochen ausgedehnten Sommerferien kehrt auch nach 1945 nicht wieder.

Aus der Erfahrungstauschbörse

Aus der Erfahrungstauschbörse
Foto: Technisches Museum Wien

In unserer Agenda hat der vom Netzwerk Unternehmensgeschichte ausgerichtete Tag der Unternehmensgeschichte schon einen Fixplatz als Weiterbildung sowie als Branchentreff. Dieses Jahr sind wir der Einladung zum Erfahrungsaustausch am 7. Mai ins Technische Museum Wien gefolgt.

Dort haben wir uns mehrere lohnende Vorträge zu grundsätzlichen Fragen (wie dem Umgang mit Geschichte und langfristiger Informationserhaltung) wie auch zu ganz praktischen Themen (Digitalisierung und Rechtsfragen etwa) zu Gemüte geführt – und grandiose Archivalien aus dem Motorsport sowie vom Bau der Semmeringbahn aus Beständen des Technischen Museums kennengelernt.

An unserem Messestand haben wir uns ausnahmsweise einmal nicht mit Unternehmern und Zeitzeugen unterhalten, sondern vor allem mit Historikerkollegen und Archivaren. Gerade dieser informelle Erfahrungsaustausch ist für uns eine Inspirationsquelle, die wir nicht mehr missen wollen. Der kommende 5. Tag der Unternehmensgeschichte ist deshalb bereits im Kalender 2016 vermerkt.

Vom Wert des Erinnerns

Vom Wert des Erinnerns
Foto: www.flickr.com/photos/weltbild-schweiz

Wissen Sie, was Menschen ohne langes Nachdenken als Erstes mitnehmen, wenn sie bei einem Brand rasch ihr Zuhause verlassen müssen? Faszinierenderweise sind es nicht die Sparbücher und Wertpapiere, sondern persönliche Erinnerungsstücke wie Foto- und Familienalben.
Ohne diese Zeugnisse unserer Wurzeln und unserer Lebensgeschichte verlieren wir offenbar einen elementaren Teil unserer Identität.

Was für uns Menschen gilt, trifft erst recht auf die vielschichtige Persönlichkeit eines Unternehmens zu. Sich rechtzeitig um die eigene Geschichte zu kümmern, lohnt sich. Und es rechnet sich auch. Wer seine historisch gewachsene Identität pflegt, muss sie nicht mit teuren Imagekampagnen konstruieren.

Geschichtspflege besteht im zeitgerechten Festhalten von Erinnerungen altgedienter Mitarbeiter sowie im Sammeln und Archivieren. Am nützlichsten ist es, sie laufend zu betreiben. Auch Jubiläen eignen sich vorzüglich als Anlassfall, sie taugen aber ebenso gut als Ausgangspunkt zur Kultivierung des Erinnerns. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Geschichte nicht verloren geht!

Ein Vierteljahrhundert Photoshop

Das Fotostudio im Rechner
Foto: www.flickr.com/photos/carianoff; Adobe screenshots

Weitgehend unspektakulär beginnt die Erfolgsgeschichte der zum Softwarestandard avancierten Bildbearbeitungssoftware Photoshop. Für uns User startet sie vor 25 Jahren am 19. Februar 1990, als Adobe die Version 1.0 veröffentlicht. Da kann das von den Brüdern Thomas und John Knoll 1987 geschriebene und von Adobe per Handschlag lizensierte Programm noch nicht mehr als Graustufenbilder anzeigen. Dafür passt es auch problemlos auf eine 800-Kilobyte-Diskette.

Nicht lange, denn bald kann Photoshop mehr. Zuerst kommt Farbe ins Spiel, dann das System der Bildebenen, das komplexe Collagen ermöglicht. Restlos begeistert ist die globale Designer- und Fotografenzunft vom Reparaturpinsel, mit dem sich ab Version 7.0 große und kleine Schönheitsfehler im Bild einfach wegretuschieren lassen.

Seither begleitet Adobe der Vorwurf, damit ein geniales Manipulationswerkzeug geschaffen zu haben. Doch retuschiert wird bereits seit den Anfangstagen der Fotografie. Schwerer wiegt da der Vorwurf, dass Adobe übereifrig online auch sehr private Daten der rund zehn Millionen Photoshop-Anwender sammelt. Ob das langfristig gut geht, wird die Zeit- und Wirtschaftsgeschichte noch zeigen.

Von der Kokosnuss zur Kokoskuppel

Von der Kokosnuss zur Kokoskuppel

Als der Zuckerbäcker Johann Blaschke 1902 seine bis heute bestehende Konditorei in Traiskirchen eröffnet, zählt die Kokosnuss noch zu den Kolonialwaren. 1498 hat Vasco da Gama die ersten Exemplare der exotischen Steinfrucht nach Portugal gebracht. Auch die Seefahrer nach ihm schätzen die Vielseitigkeit der Kokosnuss. Sie liefert Brennmaterial, Öl und Vitamine. Obendrein kuriert sie Rattenbisse und Durchfall. In den Feldlazaretten im Zweiten Weltkrieg wird Kokoswasser bei Notoperationen sogar als Transformationsflüssigkeit dienen.

Das kann Kapitän William Bligh auf der Bounty noch nicht ahnen. Auch nicht, dass in den 1950er Jahren das Kinderlied "Wer hat die Kokosnuss geklaut?" in katholischen und evangelischen Jugendkreisen populär werden soll. Doch genau diese Frage stellt sich, als Kokosnüsse aus den Vorräten von Blighs Schiff verschwinden und der Streit darüber die legendäre Meuterei auf der Bounty auslöst.

Das wiederum mag Meister Blaschke nicht gewusst haben, als er den vielen Verwendungsmöglichkeiten der Kokosnuss 1921 mit dem seither unveränderten Rezept für die Kokoskuppel eine wohlschmeckende neue hinzufügt. Seinen Söhnen – allen voran Ernst – gelingt es, aus der regionalen Spezialität sukzessive eine national-kulinarische Ikone zu machen.

Dass Blaschkes Zunftkollege Rudolf Auer in Spillern bei Korneuburg mit den ab 1922 gebackenen und gefüllten Tortenecken sowie in Folge mit den Auer-Baumstämmen und -Eiswaffeln zeitgleich am Geschäft mit dem Süßen mitzunaschen begann, wäre in unserer Geschichte lediglich eine Fußnote, würden sich die Unternehmensgeschichten von Blaschke und Auer nicht Jahrzehnte später verflechten. 1997 übernimmt die Blaschke Kokoskuppel GmbH die auf den bitteren Geschmack des Konkurses gekommene Firma Auer. 2001 übersiedelt die Kokoskuppel-Produktion von Traiskirchen nach Spillern. Über verschlungene Pfade gelangt Auer-Blaschke schließlich 2013 in den Besitz des oberösterreichischen Familienunternehmens Spitz, das die Marke Blaschke Kokoskuppel seither traditionsbewusst als eine der fünf beliebtesten Süßigkeiten Österreichs weiterführt.

10 Jahre kest und kopf.arbeit

10 Jahre kest und kopf.arbeit

Die KeSt ist nicht unbedingt ein Gesprächsthema, bei dem sich Unternehmen so richtig wohlfühlen. Für uns und unsere Auftraggeber ist das jedoch ganz anders: Wenn wir das Kürzel KEST bemühen, meinen wir nicht die Kapitalertragsteuer, sondern unsere Partner von der gleichnamigen Linzer Kreativagentur, deren Name den Agenturgründern Christoph Kerschner und Walter Stromberger geschuldet ist.

Gemeinsam entwickeln wir seit zehn Jahren passgenaue Formen und Formate zur Darstellung von Unternehmensgeschichte. Diese reichen von individuellen Grafikkonzepten für Festschriften und Bücher über Filme und Multimediapräsentationen bis hin zur Planung von Events und Jubiläumskampagnen. Der Ertrag aus dem akkumulierten Know-how- Kapital von kopf.arbeit und KEST liegt in Form von elegant und stilsicher dargestellten Unternehmensgeschichten vor.

Das beweist auch unser Trophäenschrank: 2013 sind wir mit dem Caesar für die beste PR-Publikation in Oberösterreich ausgezeichnet worden. Und aktuell lässt uns eine neuerliche Nominierung mit Spannung der Preisverleihung 2014 entgegensehen.

90 Jahre Radio in Österreich

Die offizielle Geschichte des Rundfunks hierzulande beginnt mit der Gründung der Radio-Verkehrs-Aktiengesellschaft RAVAG am 30. September 1924. Nicht nur als RAVAG-Aktionär schreibt ein Pionier der Informationstechnik und geschätzter kopf.arbeit-Kunde maßgeblich an dieser Geschichte mit: In sagenhaftem Tempo entwickelt Kapsch eine breite Palette an Empfangsgeräten. „Wer von Radio spricht, meint Kapsch“, heißt es in der Werbung. Und vom Radio sprechen schnell immer mehr.

Den RAVAG-Sendebeginn mit den Worten „Hallo, hallo, hier Radio Wien auf Welle 530“ und der Ouvertüre einer Wagner-Oper erleben am 1. Oktober 1924 rund 15.000 Hörer mit. Ein Jahr später sind es bereits 100.000 „Rundfunkteilnehmer“, die zwei Schilling Rundfunkgebühr monatlich für das zunächst ganz unschuldige Programm mit Unterhaltungsmusik, Hörspielen, Märchen und Bildungsvorträgen entrichten. Leer geht hingegen Oskar Koton aus, dessen Radio Hekaphon schon seit 1922/23 ohne Lizenz und damit als Österreichs erster Piratensender on air war.

Radio bleibt in Österreich bis 1995 eine Staatsangelegenheit. Als solche missbrauchen Ständestaat, NS-Regime, Besatzungsmächte wie auch die Große Koalition nach 1945 das Radio ungeniert für ihre jeweiligen politischen Zwecke. Bis es den Hörern 1964 schließlich reicht. 830.000 Unterschriften unter dem Rundfunk-Volksbegehren erzwingen die Rundfunkreform 1966, seit der es den ORF als öffentlich-rechtliche und nominell unabhängige Institution gibt.

Frustrationstoleranztraining

100 Jahre Mensch ärgere dich nicht
Foto: Schmidt Spiele

Mit der Katastrophe des Ersten Weltkriegs begann 1914 nicht nur die Massenproduktion der ersten Massenvernichtungswaffen, sondern auch eines kleinen Stücks Massenunterhaltung: Friedrich Josef Schmidt gab die erste größere Auflage von „Mensch ärgere dich nicht“ in Auftrag. 3.000 Stück des Spiels schickte der findige Münchner an Soldaten im Lazarett, die sich damit die Zeit im Krankenbett vertrieben. Aus den Lazaretten gelangte das Spiel in die deutschen Wohnstuben und verbreitete sich in alle Welt.

Fast alle Welt, denn ganz so neu war Schmidts Spielidee gar nicht: Er übernahm sie vom indischen Brettspiel Pachisi, vereinfachte die Pachisi-Regeln und fertigte 1907 einen Prototyp. Obschon der Test in der eigenen Familie Erfolg versprach, blieb dieser vorerst aus – und Schmidt blieb auf den 1910 produzierten ersten „Mensch ärgere dich nicht“-Sets sitzen.

Ab 1914 verkaufte sich das Spiel dafür umso besser, nämlich bis heute rund 90 Millionen Mal. Der Erfolg des deutschen Nationalspiels konnte jedoch nicht verhindern, dass der Schmidt-Verlag 1997 selbst "Mensch, ärgere dich nicht" seufzen musste. Da ging das Unternehmen nämlich trotz seines erfolgreichen Longsellers in Konkurs und der Name samt Markenzeichen wurde von der Berliner Firma Karl Blatz Spiele übernommen.

„Sie ist ein Star. Sie hat den Bogen raus!“

Computermaus
Foto: en.wikipedia.org/wiki/File:SRI_Computer_Mouse.jpg

„Meine Damen und Herren, hier kommt die Maus!“

Schwungvoll wie die Titelmelodie der „Sendung mit der Maus“ begann der Siegeszug der Computermaus 1984 mit der Auslieferung des ersten Apple Macintosh. Zum Lieferumfang zählte die erste in Massen produzierte, langlebige Computermaus.

Ihre Erfindung geht jedoch entgegen anderslautender Legenden weder auf Apple noch auf das Xerox-Forschungszentrum PARC zurück, sondern auf einen genialen Tüftler namens Dr. Douglas C. Engelbart. Im Auftrag der NASA entwickelte er am Stanford Research Institute in den 1960er Jahren ein Gerät für die physische Interaktion zwischen Mensch und Bildschirm. Der 1964 aus Holz gebaute erste Prototyp einer Maus übersetzte die Bewegungen des Geräts über ein Rad in Cursorbewegungen auf dem Schirm.

Am 21. Juni 1967 wurde es als „X-Y-Positionszeiger“ zum Patent angemeldet. Der NASA machte das, von ihren Erfindern ob seines Kabelschwänzchens „Maus“ getaufte Ding keine Freude, da es in der Schwerelosigkeit nicht funktionierte. Die Fachwelt jedoch staunte umso mehr, als Engelbart die Maus 1968 in einer berühmt gewordenen Demo präsentierte. Xerox-Forscher befähigten Engelbarts Maus in den 1970er Jahren schließlich, dem Computer Befehle zu erteilen. Eben dieses gelehrige Tierchen entdeckte Apple-Gründer Steve Jobs anno 1979 – womit sich der Kreis dieser Geschichte schließt.

Angewandte Unternehmensgeschichte

VW
Foto: commons.wikimedia.org/wiki/File:VW_Wolfsburg.JPG

Wenn wir dienstlich verreisen und dabei auch noch einen Autohersteller ansteuern, kann man bei uns eigentlich von Recherchearbeit in Form von Zeitzeugeninterviews oder Archivbesuchen ausgehen. Nichts davon war der Fall, als es uns Ende vergangenen Jahres zu VW nach Wolfsburg verschlug.

Anstatt uns Hals über Kopf in die Vergangenheit zu stürzen, wandten wir uns dort im Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen ganz der Zukunft entgegen: „Angewandte Unternehmensgeschichte – Perspektiven, Potenziale, Präsentationen“ war der Titel eines zweitägigen Workshops, den wir als Gründungsmitglieder des Verbands für Angewandte Geschichte mitgestaltet haben.

Als Ort unserer Begegnung wurde selbstredend eine geschichtsträchtige Stätte ausgewählt, wurzelt das heutige Stammwerk der Volkswagen AG doch tief in der NS-Zeit. Da hieß Wolfsburg noch pathetisch „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“. Daran erinnert die zum Teil in einem Luftschutzbunker eingerichtete Erinnerungsstätte, die wir im Rahmen unseres Workshops ebenso besichtigt haben wie die VW-Autostadt.

Geschichte als Wertpapierdepot

Altunternehmer und Neopolitiker Frank Stronach weiß, worum es geht: um die Werte und die Wirtschaft. Die berühmte „goldene Regel“ des Austrokanadiers „Wer das Gold hat, macht die Regel“ vereinfacht die Komplexität des Zusammenhangs von Werten und Wirtschaften jedoch über Gebühr.

Auch die vielen umfangreichen Leitbilder von Firmen, die ihre Werte und Überzeugungen ernsthaft reflektiert haben, verschleiern trotz bester Absicht oft mehr, als sie glaubwürdig vermitteln. Liegt es am austauschbaren Vokabular, an der geschönten Gestaltung durch beigezogene Werbeagenturen, oder an der Dominanz reinen Wunschdenkens?

Uns scheint, dass es mit fehlendem Geschichtsbewusstsein zu tun hat. Immer, wenn wir eine Unternehmensgeschichte lebendig werden lassen, bringen wir unweigerlich die tragenden Werte einer Organisation zum Vorschein – belegt durch eine Vielzahl an Situationen, in denen sie greifbar wurden. Die Werte lassen sich auf diese Weise glaubwürdiger darstellen.

So wird die Unternehmensgeschichte zum Wertpapier.

Eine Frage der Zeit

Die Parkuhr
Foto: en.wikipedia.org/wiki/File:SwissParkingDisk.jpg / Etan J. Tal

Seit die Parkraumbewirtschaftung um sich greift, schwinden die gebührenfreien Kurzparkzonen dahin – doch die, als „Parkuhr“ bekannte Vorrichtung zum Anzeigen der Ankunftszeit gehört immer noch zur Grundausstattung eines jeden Autos. Und das seit den frühen 1960er Jahren, als die „blauen Zonen“ auch in Österreich heimisch wurden.

Die ersten neun Kurzparkzonen gab es ab 1959 in Wien rund um die Bahnhöfe und an der Mariahilfer Straße. Der Wiener Baudirektor Aladar Pecht gestaltete die zur Benutzung notwendigen Parkscheiben, die der Volksmund ihm zu Ehren auf „Pechtscheiben“ taufte. Wien zog damit mit Paris gleich, wo 1957 ein erstes parkscheiben­artiges System zur Einschränkung des Dauerparkens eingeführt wurde.

Erst zwei Jahre nach Wien wagte mit Kassel die erste deutsche Stadt den Schritt von der stationären Parkuhr mit Münzeinwurf zur selbst eingestellten Parkscheibe. Das veranlasste Verkehrsfachmann Dr. Weinmann von der Wiener Polizei – offenkundig ein Parkscheibengegner – zu einer despektierlichen Bemerkung: „Es wundert mich schon sehr, dass nun auch in Deutschland mit Parkscheiben experimentiert wird. Denn in den disziplinierten Ländern gab es bisher nur die Parkuhren. Die Parkscheibengrenze, die quer durch Europa geht, ist ja auch eine Charaktergrenze.“

Foto: en.wikipedia.org/wiki/File:SwissParkingDisk.jpg / Etan J. Tal

Die Zeit und ihre Zeugen

Foto: www.flickr.com/photos/roadsideguitars/3486867552

Menschen machen Geschichte. Umgekehrt macht die Geschichte auch Menschen und prägt sich in ihren Biografien ein. Erst in der persönlichen Erzählung wird greifbar, was es wirklich bedeutet, die Not der Kriegs- und Nachkriegszeit überstanden zu haben. Oder was sich ein Lehrling in den 1950er Jahren alles gefallen lassen musste, als Lehrjahre so gar keine Herrenjahre waren.

Bei kopf.arbeit haben wir das Privileg, Geschichte im Zeitzeugengespräch wieder aufleben zu sehen. Dabei inszenieren wir keine Frage-Antwort-Situation, sondern hören vor allem zu. Gerade das erfordert jedoch umfangreiche Vorbereitung. Weil wir wissen, wovon wir reden, kann ein Gespräch auch einen ganzen Tag lang dauern. Die streng vertraulichen Typoskripte solcher Konversationen sind nicht selten 80 bis 90 Seiten stark.

15 Jahre war unser jüngster Gesprächspartner bisher, 98 Jahre der älteste.

Unsere Zeitzeugen kamen aus Russland, den USA, England, Frankreich, Italien, Tschechien, Rumänien, Schweiz, Deutschland und natürlich Österreich.

Die Rolltreppe wird 120

Foto: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_of_revolving_stairs_(U.S._Patent_25,076_issued_to_Nathan_Ames,_9_August_1859).jpg

Der stille Held unter den Massenverkehrsmitteln ist 120 Jahre alt geworden: die Rolltreppe. Unauffällig und allgegenwärtig leistet sie ihre Dienste und befördert täglich hunderte Millionen Menschen. In unser Bewusstsein rückt sie erst bei Stillstand, wie beispielsweise im Pannenfall (und selbst dann funktioniert sie immer noch als Treppe, wie der Komiker Mitch Hedberg sagte).

Das war nicht immer so: Als die erste Rolltreppe am 16. Jänner 1893 in der Cortlandt Station in New York zu rotieren begann, empörten sich Zivilisationskritiker über die Degradierung des Menschen zum Stückgut. Von Menschen, die wie „Kisten, Kartons oder Vieh“ transportiert werden, sprachen die einen, vom „Endlosband der Moderne“ die anderen. Eine Sensation war das Endlosband mit den eingehängten Stufen und dem Handlauf allemal. Die zweite Rolltreppe diente folgerichtig als Attraktion im Vergnügungspark Coney Island.

Heute noch scheinen die aktuellen Rekordrolltreppen Coney Island-tauglich zu sein: jene in Moskau, die 126 Höhenmeter überwindet, ihre 800 Meter lange Kollegin in Hongkong und die 9 km/h schnelle Expresstreppe in Paris.

Geld aus der Wand

Foto: www.flickr.com/photos/zoonabar/3372484550/

Woher stammt das Bargeld in Ihrem Portemonnaie? Sehr wahrscheinlich aus einem Bankomaten. 7.650 dieser Automaten gibt es in Österreich, das über eines der dichtesten Netze in Europa verfügt – wesentlich dichter als ursprünglich gedacht. Denn als IBM 1980 in Wien die ersten Geldausgabemaschinen montiert, schätzen die Bankexperten, dass 300 bis 400 Automaten wohl zur flächendeckenden Versorgung genügen werden.

32 Jahre ist die, voll imposanter Zahlen gespickte Geschichte des Bankomaten in Österreich – 1,1 Milliarden Behebungen und Zahlungen im Wert von 170 Milliarden Euro seit 1980! – nun alt, reicht international aber noch um einiges weiter zurück. Schon 1939 entwickelt George Simjian den ersten funktionierenden Geldautomaten, mit dem sich vorerst nur Prostituierte und Glücksspieler anfreunden können. So baut die City Bank of New York das Gerät nach erfolglosem Probebetrieb sechs Monate später wieder ab.

Es dauert bis 1965, als Donald Wetzel einen neuerlichen Anlauf unternimmt. Sein, über mehrere Jahre mit Millionen-Dollar-Aufwand konzipiertes Gerät funktioniert bereits mit Magnetstreifenkarte und PIN. Letzteren ersinnt ebenfalls 1965 der britische Ingenieur James Goodfellow. 1971 werden die ersten modernen Bankomaten in die Fassaden amerikanischer Bankfilialen eingemauert. Der Rest ist Geschichte.

10 Jahre in der Zeitkapsel

Runde Unternehmensgeburtstage und große Firmenjubiläen sind üblicherweise Anlass, kopf.arbeit einzuschalten und die, durch unternehmerisches Handeln geschriebene Geschichte aufarbeiten bzw. darstellen zu lassen. Nun feiert Österreichs erste Agentur für Geschichte selbst den ersten runden Geburtstag – den zehnten nämlich.

2002 gründen Manfred Dunzinger und Stefan Ecker kopf.arbeit und arbeiten bis dato kulminiert 3.500 Jahre Unternehmensgeschichte(n) von Traditionsbetrieben wie Leiner, Rosenbauer, Kapsch und Fischer Ski auf.

Mehr als 9.000 Seiten werden geschrieben und damit zahlreiche Bücher, Festschriften und Filme erstellt. Dahinter stecken 1.000 Zeitzeugeninterviews und Recherchen in nahezu jedem Archiv zwischen Wien und Bregenz sowie in Laibach, Budapest, Berlin und Prag. 100 Jahre alt ist dabei die älteste Gesprächspartnerin, doppelt so alt der Kunde mit der am weitesten zurückreichenden Geschichte.

Für Manfred Dunzinger und Stefan Ecker bleibt kopf.arbeit seit 2002 unverändert eines: eine Herzensangelegenheit.

Wer hat an der Uhr gedreht?

Foto: www.flickr.com/photos/jbcurio/5041981112/

Wenn Sie zu jenen gehören, die sich die Umstellung auf Sommerzeit in der Terminverwaltung vormerken (und sich dann penibel jeden Chronometer bis hin zur Eieruhr vornehmen), notieren Sie doch bitte auch gleich den 30. Juni 2012. Dann nämlich hat die Schaltsekunde ihren großen Moment – und Sie dürfen Punkt Mitternacht jede Uhr um genau 1 Sekunde vorstellen. Damit tragen Sie einerseits zur korrekten Synchronisierung von astronomischer und koordinierter Weltzeit bei. Und darüber hinaus auch zur Ehrung einer – wie kopf.arbeit findet – unrechtmäßig vernachlässigten Ordnungsmaßnahme, die ihr Dasein gemeinhin im Schatten ihrer großen und prominenten Schwester Schaltjahr fristet.

Die zugrunde liegende Geschichte ist herrlich kompliziert: Fragen Sie nicht warum, aber bis 1967 war eine Sekunde „der 86400. Teil eines mittleren Sonnentages“. Doch die Erde rotiert einmal schneller, einmal langsamer. Daher wurde die Sekunde neu definiert. Seither ist sie mit der Zerfallsdauer eines Cäsiumatoms identisch. Und so obliegt die Weltzeitmessung seit 1972 der Atomuhr. Die gute alte astronomische Weltzeit bleibt aber weiterhin ein unsicherer Kantonist. Deshalb wird zur Angleichung der beiden Zeiten eine Schaltsekunde eingeschoben – immer dann, wenn Atom- und Astrozeit um mehr als 0,9 Sekunden auseinandergelaufen sind. Und das ist im Juni 2012 der Fall.

Hat sich die Schaltsekunde bei Ihnen bemerkbar gemacht? Oder zählen Sie auch zum großen Kreis jener, die den 30. Juni 2012 als einen Tag wie jeden anderen wahrgenommen haben? Manche Computerprogramme hatten ordentlich zu kämpfen mit der zusätzlichen Sekunde. So brach etwa das Buchungssystem der australischen Fluglinie Qantas zusammen und es mussten rund 50 Flüge verschoben werden.

Was macht kopf.arbeit am Checkpoint Charly?

Foto: www.flickr.com/photos/34592596@N06/5161548896/

kopf.arbeit in Berlin. Denkt kopf.arbeit nun schon wie ein ehemaliger österreichischer Politiker – „Austria is too small for us“? Nein, dafür gibt es in Österreich viel zu viele Unternehmen, die sich mit der eigenen Geschichte noch kaum befasst haben und denen wir erst vom Nutzen erzählen müssen.

Dennoch gilt es, von Zeit zu Zeit einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Seit nahezu acht Jahren nutzen wir den Meinungsaustausch mit deutschen Kollegen. Mehr noch, gemeinsam gründeten wir den „Verband für Angewandte Geschichte“. Der Gedanke war schon länger geboren, in die Tat umgesetzt wurde er am 9. Dezember 2011 und die deutsche Bundeshauptstadt war ein angemessener Ort dafür.

Und vielleicht sind wir demnächst wieder einmal in Berlin. Ein Spionagefall in den 1960er Jahren könnte der Anlass sein. Denn wenn unsere Kunden es wünschen, dann recherchieren wir auch in Stasi-Akten.

Der Klammeraffe

Foto: www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=100331&imageview=true

Man kennt das Zeichen als Rüssel-A, Affenschwänzchen, Affenohr, Spinnenaffe. Die Chinesen sprechen vom Mäuschen, die Griechen vom Entchen, die Israelis vom Strudel. Auch die Begriffe Kätzchen, Hündchen, Schnecke, Zimtrolle und Rundkeks sind gebräuchlich.

Die heutige Bekanntheit verdankt das @ dem amerikanischen Computerfreak Ray Tomlinson. Dieser arbeitete 1971 als Techniker bei der Firma BBN in Cambridge bei Boston. Das Forschungsunternehmen hatte vom US-Verteidigungsministerium den Auftrag, das Arpanet – Vorgänger des Internets – aufzubauen.

24 vernetzte Computer gab es damals. Einer davon stand bei Tomlinson, ein anderer im nächsten Zimmer. Wenn schon vernetzt, mag sich Ray gedacht haben, dann könnte man doch auch ein wenig Spaß haben und Mitteilungen an die anderen Jungs schicken. Eine Spielerei, wird er später sagen, die nichts mit seiner Arbeit zu tun hatte.

Nun musste noch ein unverwechselbares Trennzeichen gefunden werden, um es zwischen Empfängername und Computer zu setzen. Ray suchte nach etwas, das nicht zum üblichen Alphabet gehört. Er stieß auf das @. Es befand sich nämlich auf seiner Tastatur. Die erste Internetadresse der Geschichte lautete: tomlinson@bbntenexa.

Aber woher stammt eigentlich das @ auf seiner Tastatur? So ganz genau weiß man das heute nicht mehr. Fest steht, dass es im 16. Jahrhundert Kaufleute am Mittelmeer als Gewichtsmaß benutzten: Ein @, ein „arroub“, waren etwa zehn Kilogramm. In der Renaissance bekam das @ eine weitere Bedeutung – als Abkürzung für „zu“. Auf Märkten gab es „Hühner@10 Pence“, eine Schreibweise, die sich in den USA und England bis heute erhalten hat. Nach der industriellen Revolution wurde das @ in der Buchhaltung populär – was erklärt, warum es sich auf Ray Tomlinsons Tastatur fand.

Reich ist er mit seiner Erfindung übrigens nicht geworden. Für die Allgemeinheit ist das ein großes Glück – wir müssten sonst wohl jedes Mal Porto zahlen, wenn wir E-Mails verschicken.

Gelati Gelati!

Sommer ist Eiszeit. Stracciatella, Vanille, Schokolade, Zitrone, Haselnuss, Pistazie, Joghurt, Erdbeere, Malaga und Walnuss – das sind die beliebtesten Eissorten der Österreicher. Wer aber hat das Speiseeis erfunden und was hat die „Eiserne Lady“ Margaret Thatcher damit zu tun?

Das erste Speiseeis gab es vermutlich schon 3.000 vor Christus in China, dem Sorbet ähnelndes Speiseeis war aber auch in der europäischen Antike bekannt, Griechen und Römer erfreuten sich daran. Der griechische Dichter Simonides von Keos beschreibt eine Speise aus Gletscherschnee mit Zutaten wie Früchten, Honig oder Rosenwasser. Alexander der Große und Hippokrates hatten eine Vorliebe für Wassereis, die römischen Kaiser ließen sich durch Schnellläufer Schnee und Eis von den Apenninen zur Herstellung bringen.

Speiseeis aus Wasser und Fruchtsaft oder -püree wurde zu einer italienischen Spezialität, die sich über ganz Europa ausbreitete. Ein deutschsprachiges Kochbuch von Anna Wecker mit dem Titel „Ein köstlich new Kochbuch von allerhand Speisen“, das 1597 in Amberg erschien, enthielt ein Rezept für eisgekühlten Milchrahm. Und das erste französische Café, das auch Speiseeis anbot, eröffnete der Italiener Franceso Procopio di Cultelli 1686 in Paris.

Das Eis zum Mitnehmen geht offenbar auf italienische Immigranten in Großbritannien zurück, die dort in den Großstädten ab etwa 1870 auf den Straßen Eiscreme an kleinen fahrbaren Ständen verkauften. Sie wurden bald „Hokey-pokey men“ genannt, was auf den italienischen Satz „Gelati, ecco un poco“ („hier ein bisschen Eis“) zurückgehen dürfte. Das erste Eis am Stiel wurde 1923 vom amerikanischen Limonadenhersteller Frank Epperson patentiert. Erfunden hatte er es nach eigenen Angaben aber bereits zufällig im Jahr 1905, als er ein Glas Limonade mit Löffel versehentlich im Freien stehen ließ und die Limonade über Nacht gefror. In Deutschland begann die industrielle Herstellung von Speiseeis erst Mitte der 1930er Jahre mit den Firmen Langnese und Schöller.

Und wo liegt der Beitrag der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher? Sie studierte am Somerville College in Oxford Chemie und war Mitglied des Entwicklungsteams, das angeblich 1948 das Softeis erfand. Die Bezeichnung Softeis soll sogar ihre Idee gewesen sein.

Der Kaugummi

Foto: www.flickr.com/photos/themewl/304432307/

Süßstoffe, Polyisobutylen, Aluminiumoxid, Aromen und Säuren sind die Grundstoffe eines Kaugummis. Macht ihn das so beliebt? Immerhin kaut jeder Österreicher jährlich etwa 100 Stück. Wer hat den Kaugummi eigentlich erfunden und wann kamen die Österreicher auf den Geschmack?

Für viele Österreicher ist er zum Inbegriff amerikanischer Unkultur in der Besatzungszeit geworden: der amerikanische Soldat, den Kaugummi lässig im Mundwinkel und die Hände im Hosensack. Im Marschgepäck eines amerikanischen Soldaten war neben Coca Cola immer ein Päckchen „chewing gum“. Mit den Amerikanern hielt der Kaugummi auch bei uns Einzug und so ist es nicht weiter erstaunlich, dass 1946 der erste Kaugummi in Österreich produziert wurde, natürlich in der amerikanischen Besatzungszone in Salzburg.

Wer den Kaugummi wirklich erfunden hat, ist schwer zu sagen. Eines ist jedoch sicher: das Kauen ist eine sehr alte Sitte (oder Unsitte). Den bislang ältesten Kaugummi der Welt fanden Archäologen bei Ausgrabungen einer 9.000 Jahre alten Siedlung in Südschweden; er bestand aus einem Stück Birkenpech. Die ersten kommerziellen Versuche gehen auf folgende „Pioniere“ zurück: Den Seemann John Curtis Jackson, der 1848 nach einem nordamerikanisch-indianischen Rezept Fichtenharz mit Bienenwachs vermengte, den New Yorker Fotografen Thomas Adams, der 1870 den „Black Jack“, einen Kaugummi mit Lakritzgeschmack, zum Erfolgsschlager machte sowie den Vertreter William Wrigley Jr.

William Wrigley Jr. kam im Frühjahr 1891 nach Chicago. Er war 29 Jahre alt, hatte nur 32 Dollar in der Tasche und verkaufte Seife für die Firma seines Vaters – nicht gerade ein vielversprechender Start. Wrigley jedoch hatte eine Idee. Wenn man den Kunden doch ein kleines Gratispräsent machen würde, dann wären sie doch viel eher bereit, die Seife zu kaufen. Als kleinen Bonus schenkte er seinen Kunden Backpulver. Klingt nicht besonders aufregend, kam aber bei den Kunden besser an als die Seife selbst. Wrigley, stets flexibel, stieg 1892 daher kurzerhand auf Backpulver um. Als Gratisgeschenk legte er zu jeder Packung Backpulver zwei Packerln Kaugummi. Und wieder einmal wurde das Präsent erfolgreicher als das verkaufte Produkt. Wrigley machte folgerichtig den Schwenk auf Kaugummis. Zu der Zeit gab es zwar etwa zwölf Hersteller in den USA, aber der Markt war unterentwickelt. Wrigley's erste Marken hießen Lotta und Vassar. Die bekannten Juicy Fruit und Spearmint folgten 1893.

Übrigens, noch etwas können die Amerikaner besonders gut. So hält die Kalifornierin Susan Montgomery den offiziellen Rekord für die größte Kaugummiblase der Welt. Ihr gelang es, mit nur drei Kaugummis eine Blase in der Größe von 58,4 Zentimetern zu formen.

Ulrich Huber und das Lotto

Foto: www.flickr.com/photos/hadesigns/7552794426

Der Schuhmacherlehrling Ulrich Huber aus Wien ist der glückliche Gewinner der Lotto-Ziehung vom 21. November. Allerdings blieb ihm der Wunschtraum, einen Doppel- oder Dreifach-Jackpot zu knacken ebenso verwehrt wie den meisten Lotto-Spielern, die Woche für Woche die Ziehung im Fernsehen verfolgen.

Ulrich Huber war es schlichtweg unmöglich, einen solchen Jackpot zu knacken, handelte es sich doch um die erste Lotto-Ziehung in Österreich. Es war im Jahr 1752, am 21. November um 11 Uhr vormittags, als am Wiener Augustinerplatz die erste Lotto-Ziehung stattfand. Graf Cataldi trat als Veranstalter auf und das Gewinnspiel nannte sich „Lotto di Genova“. Ein italienischer Name für ein österreichisches Gewinnspiel? Auf den ersten Blick ungewöhnlich, nicht jedoch, wenn man auf die Wurzeln zurückblickt.

Diese liegen nämlich in Genua. Dort wurde im Jahr 1575 nach einem Staatsstreich die jährliche Wahl der Ratsmitglieder neu gestaltet. Man schrieb zu diesem Zweck neunzig Namen auf einen Zettel und zog verdeckt fünf aus diesen neunzig. Während der Wahl schlossen die Bürger private Wetten auf die Kandidaten ab und im Laufe der Jahre entwickelte sich ein reger Wettbetrieb. Die Namen wurden schließlich durch Zahlen ersetzt und so wurde „5 aus 90“ im Jahr 1643 erstmals von Benedetto Gentile als reines Glücksspiel angeboten.

Das Lottofieber griff schnell auf andere Staaten über und erlebte europaweit einen Siegeszug. Da dieses einfache Geschäftsprinzip große Gewinne für den Veranstalter einbrachte, ging das Recht, Lotterien zu veranstalten, auf die jeweiligen Herrscher und Regierungen über.

In Österreich wurde unter der Regierung der Kaiserin Maria Theresia im Jahr 1751 eine Lotterie mit 90 Nummern mit der amtlichen Bezeichnung „Lotto di Genova“ eingeführt und versteigert. Anfänglich fehlte es gänzlich an Bewerbern und es dauerte ein volles Jahr, bis schließlich Graf Cataldi das Privileg erwarb. Und so fand am 21. November 1752 in Wien die erste Lotto-Ziehung statt. Die Gewinnsumme von Ulrich Huber betrug 600 Dukaten.

Mozart und der Punsch

Menschen aus der ganzen Welt sind Wolfgang A. Mozart für sein musikalisches Lebenswerk dankbar. Wenn wir nun in der kalten Jahreszeit ein Glas Punsch genießen, um Körper und Seele zu erwärmen, so dürfen wir auch dafür Mozart Danke sagen!

Nein, Wolfgang A. Mozart hat zwar über 600 Werke hinterlassen, den Punsch hat er aber nicht kreiert. Der Punsch ist eine indische Erfindung. Und doch wird Mozart in der Geschichte dieses heißen, klebrigen Getränkes erwähnt.

Wenn auch so mancher infolge übermäßigen Genusses durchaus den Eindruck gewinnen könnte, so hat Punsch trotz seiner berüchtigten Wirkung nichts mit „punch“, dem englischen Wort für Faustschlag zu tun. Es geht auf das indische „pantsch“ – im Deutschen soviel wie „fünf“ – zurück. Aus genauso vielen Zutaten besteht auch der traditionelle Punsch: Tee, Arrak, Zitronensaft, Zucker und Gewürz.

Die Ostindien-Kompanie der englischen Seefahrer lernte den Punsch in Indien kennen. Sie nannten das Getränk dann kurzerhand punch und brachten es bereits im 17. Jahrhundert mit in die Heimat. Die konservativen Tories, eine politische Gruppierung, die der englischen Monarchie wohlgesonnen war, kürte den Punsch schon bald zum neuen Lieblingsgetränk und er begann seinen Siegeszug durch ganz Europa.

Und was hat nun Wolfgang A. Mozart mit dem Punsch zu tun? Der Überlieferung nach war es Mozart, der das Getränk in England kennen und lieben lernte und so nach Österreich brachte.

Er kam mit seinem späteren Lieblingsgetränk bereits als Kind in Berührung. Während der Punsch in Salzburg und Wien noch völlig unbekannt war, machte Mozart bei seiner Englandreise im Jahr 1764 erstmals damit Bekanntschaft. Zwar weiß man nicht, ob Leopold Mozart seinen achtjährigen Sohn davon kosten ließ, der Vater war aber so beeindruckt, dass er an einen Freund folgende Zeilen schrieb: „Punch wird Punsch ausgesprochen und ist ein Getränk von Wasser, Rhum, Zucker und Limonien gesotten. Wird warm oder kalt getruncken nach belieben. Punch und eine Pfeife Toback ist das englische Element.“

Zu Mozarts Zeit war Punsch ein ausgesprochenes Modegetränk, das in Kaffeehäusern ebenso getrunken wurde wie auf Bällen. Heute ist es die Vorweihnachtszeit, in der dieses angeblich wärmende Heißgetränk gerne genossen wird.

Der Lippenstift

Foto: www.flickr.com/photos/nesster/5785963636

Einst verrucht, heute unverzichtbar. Stark betonte rote Lippen galten schon bei den alten Ägypterinnen als attraktiv – der erste Lippenstift kam aber erst 1883 auf den Markt. Die Inhaltsstoffe waren übrigens Rizinusöl, Hirschtalg und Bienenwachs!

Die Betonung von roten Lippen gab es schon vor Tausenden von Jahren. So fand man bei Ausgrabungen im heutigen Irak lippenstiftähnliche Salben, die angeblich aus dem Jahr 3500 v. Chr. stammen.

Im 14. Jahrhundert v. Chr. galt Nofretete als Meisterin der Schminkkünste. Sie malte sich so wie viele andere Ägypterinnen die Lippen an. Die Farbe wurde damals in kleinen Döschen aufbewahrt und mit dem Finger oder einem Pinsel aufgetragen.

Die eigentliche Geburtsstunde des Lippenstiftes schlug am 1. Mai 1883. Parfümhersteller aus Paris stellten auf der Weltausstellung in Amsterdam einen in Seidenpapier gewickelten Stift vor. Dieser erste Lippenstift bestand aus gefärbtem Rizinusöl, Hirschtalg und Bienenwachs.

Die Erfindung war allerdings alles andere als erfolgreich: der Stift schmolz leicht und war zudem sehr teuer. Außerdem war das kleine Utensil schnell als anrüchig verrufen. Deswegen verwendeten ihn anfangs vor allem Tänzerinnen und Prostituierte.

In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts gelang dem Lippenstift mithilfe des Stummfilmes der Durchbruch. Die Leinwandstars machten den Lippenstift endlich salonfähig. Da auf Zelluloid die Farbe Schwarz am besten wirkte, kam der fast schwarz geschminkte Mund in Mode.

Nach dem Zeiten Weltkrieg wurde der Lippenstift zu dem kosmetischen Accessoire schlechthin. Die Amerikaner entwickelten die praktische Drehmechanik und brachten den Lippenstift nach Europa. Als Hildegard Knef in Deutschland für den „Volkslippenstift“ für 1,50 Mark warb, war der Lippenstift längst zum täglichen Gebrauchsgegenstand geworden.

Ob kussecht, knallig, glossy, schrill oder ganz dezent – bis heute ist der Lippenstift nach wie vor das beliebteste Beauty-Utensil. So benutzen ihn ca. 80 Prozent aller Frauen zumindest bei besonderen Gelegenheiten.

Das gute alte Sparbuch

Foto: commons.wikimedia.org/wiki/File:Sparbuch.jpg

Wer hätte das gedacht? Bis vor Kurzem drehte sich in der Finanzwelt noch alles um Futures, Derivate und Hedgefonds. Und nun raten Finanzexperten, Geld aufs Sparbuch zu legen. Das Sparbuch startet neu durch! Aber wie alt ist diese Sparform eigentlich?

Ich habe eines, mein Vater hat eines, mein Großvater hatte eines und mit Sicherheit hatten auch mein Urgroßvater und Ururgroßvater eines. Denn in Österreich gibt es diese Sparform schon seit dem Jahr 1819. Wie kam es dazu?

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist gezeichnet von einer schwierigen sozialen Lage. Viele Bevölkerungskreise wurden von Armut erfasst. Einerseits hervorgerufen durch die Geldentwertung während der napoleonischen Kriege, andererseits durch die Choleraepidemie und die Freisetzung der Soldaten nach dem Krieg, verstärkte sich die große Zahl der Arbeitsuchenden. Nach wiederholten Missernten verarmten auch die Bauern. Handwerker, Kranke, Dienstboten und Behinderte aller Art lebten in oft unzumutbaren Verhältnissen. Eine zunehmende Kluft zwischen der breiten Bevölkerung und der Oberschicht tat sich auf.

Im Jahr 1817 beauftragte Kaiser Franz I. die zuständigen Behörden, entsprechende Vorschläge zu machen, wie man in Hinkunft auftretenden Notlagen der Bevölkerung besser entgegenwirken könne.
Einer der Vorschläge war, die Gründung von Sparkassen voranzutreiben, über deren Wirken in England laufend in Zeitungen und Zeitschriften berichtet wurde. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland bereits 21, in der Schweiz 18 und in England sogar 285 Sparkassen.

Und so kommt es im Jahr 1819 zur Gründung der Ersten Österreichischen Spar-Casse in Wien-Leopoldstadt. Die gesamten Spareinlagen betrugen im ersten vollen Geschäftsjahr 65.000 Gulden bei insgesamt 2.500 Konten. Das entsprach einem Durchschnittsguthaben von 25 Gulden – umgerechnet 350 Euro – über die sich so manche Investmentbank heute wohl freuen würde.

Der Bikini – eine explosive Geschichte!

Foto: www.flickr.com/photos/61493316@N00/969000252/

Was 1946 als frivole Anspielung auf einen Atombombentest begann, schlägt manchmal heute noch an Badestränden wie eine Bombe ein. Die Rede ist vom Bikini, der am 5. Juli 1946 seine Geburtsstunde erlebte.

Antike Wandmalereien sowie Mosaike aus dem 4. Jahrhundert nach Christus dokumentieren die frühe Existenz der Zweiteiler. Junge Frauen tragen lediglich Höschen und Brustbänder, die dem heutigen Bikini ähneln. Ob es sich bei deren Bekleidung um Unterwäsche, Sport- oder Bademode handelt, bleibt ungeklärt.

Vier Dreiecke aus Stoff – mit dieser Badekreation schickt der Modedesigner Louis Réard, der eigentlich gelernter Autoingenieur war, am 5. Juli 1946 das Revuegirl Micheline Bernadini über den Laufsteg einer Pariser Misswahl. Bikini nennt sich der „Stofffetzen mit Schnüren“ und der Name bezieht sich auf den ersten Atombombenversuch, den die Amerikaner nur vier Tage zuvor auf dem Bikini-Atoll durchführten. Der Stoff dieses Pariser Ur-Exemplars ist mit Zeitungsausschnitten über den Bombenabwurf bedruckt. Der brisante Name, der übersetzt „Land der Kokosnüsse“ bedeutet, schlägt ein wie eine Bombe. Die Wirkung, die dieser knapp geschnittene Badeanzug hervorruft, wurde mit der gleichen moralischen Entrüstung betrachtet wie die Atombombenversuche auf Bikini.

In den 1950er Jahren gilt der Bikini als modische Entgleisung; er führt ein Schattendasein und die Damen zeigen sich mit züchtigem Einteiler. Der totgesagte Bikini erlebt aber in den 1960er Jahren sein Comeback. Man erinnere sich nur an Ursula Andress, die den Bikini im James-Bond-Film Dr. No populär werden lässt. Natürlich nicht überall, denn im bayerischen Passau heißt es noch 1968: „Das Tragen der sogenannten Bikini-Badeanzüge im Schwimmbad ist verboten!“

Die Geschichte des Bikinis ist seit einem halben Jahrhundert ein ständiges Mehr oder Weniger von Stoff. Schließlich hat kaum ein anderes Bekleidungsstück die Menschen derart begeistert und zugleich so provoziert und empört.